Sollen bei der Klimapolitik nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden? Sollten die Behörden dabei nicht dankbar bestehende gesetzliche Grundlagen aufnehmen? Genau das schlägt der Basler Mieterinnen- und Mieterverband vor, ohne dabei aber die Kosten einseitig auf die Mieterseite und ebenso wenig einseitig auf die anständigen Vermietenden abwälzen zu wollen.
(Dieser Text erschien am 28.12.22 als Gastbeitrag in der Basler Zeitung)
Das seit dem einem halben Jahr geltende Wohnschutzgesetz verhindere Klimamassnahmen im Gebäudebereich, sagen seine Gegnerinnen und Gegner auch in der Basler Zeitung (z.B. im Artikel vom 21.12.22). Wir vom MV sagen, Wohnschutz und Klimaschutz gehören zusammen. Warum? Gemäss dem nationalen Forschungsprogramm Energie fällt 20 Prozent des C02-Verbauches von Gebäuden bei Bau, Sanierung und Abriss an, 80 Prozent beim Betrieb. Das Klima braucht also weniger Abriss, sanfte Sanierungen, erneuerbare Energieträger und Energieeffizienz. Das Basler Wohnschutzgesetz setzt hier die richtigen Regulierungen und Anreize. Das Basler Energiegesetz gibt Handlungsspielraum für Förderbeiträge.
Paradigmenwechsel wegen zu tiefer Sanierungsquote
Erstens: Bund und Kantone versuchen seit weit über 20 Jahren mit diversen Massnahmen die energetische Sanierungsquote zu erhöhen. Mit mässigem Erfolg. Das hat aber mit dem Basler Wohnschutzgesetz nichts zu tun, es gilt erst seit einem halben Jahr. Bereits vorher kam es deshalb zum Paradigmenwechsel. Der Fokus liegt nun auf dem Ersatz fossiler Wärmeerzeuger durch erneuerbare Anlagen. Die CO2-Emissionen lassen sich so rascher und mit geringeren Kosten reduzieren. Darum baut Basel das Fernwärmenetz aus. Darum wird der Ersatz von fossilen Heizungen vorgeschrieben und 19% der Investition vom Kanton übernommen.
Zweitens: Bei der Energieeffizienz liegen die Potenziale vor allem bei der Gebäudehülle (Dach, Wände, Fenster). § 8e des Wohnschutzgesetzes legt fest, dass die Mehrkosten wertvoller ökologischer Sanierungsmassnahmen in massvoller Weise auf die Miete aufgeschlagen werden könnten. Zudem: Warum sollen Mieterinnen und Mieter im Notfall nicht die mögliche Unterstützung gemäss Energiegesetz §20 erhalten, sondern unter zugigen Fenstern leiden, bloss weil die Eigentümerschaft sich um Klimaschutz foutiert?
Es lohnen sich nur noch sanfte und energetische Sanierungen
Drittens: Das Wohnschutzgesetz untersagt Mietzinsaufschläge für unökologische Renditesanierungen und fördert so sanfte Sanierungen, bei welchen die Wohnungen in der gleichen Kategorie verbleiben, d.h. in etwa dem entsprechen, was zu Beginn des Mietverhältnisses vertraglich vereinbart wurde. Sofern einzelne bauliche Massnahmen dem Verbleib in derselben Kategorie entgegenstehen, werden diese in bei den zulässigen Mietzinsaufschlägen nicht berücksichtigt.
Viertens: Abriss kann nur in seltenen Ausnahmefällen bewilligt werden, weil § 8e des Wohnschutzgesetzes einer ökologischen Ansprüchen genügenden Sanierung als bessere und günstigere Variante den Vorrang gibt.
Weniger Renditesanierungen sind das Ziel des Wohnschutzes
Es wird behauptet, der Wohnschutz führe zu einem Sanierungsstopp. Allerdings ist bekannt, dass der Stau auf Probleme beim Bau- und Gewerbeinspektorat und nicht den Wohnschutz zurückgeht. Es soll beim BGI gemäss Gerüchten deutlich über hundert hängige Gesuche geben. Man muss schon genau hinschauen. Finden tatsächlich keine Renditesanierungen mehr statt? Das wäre dann im Sinne der Stimmbevölkerung, welche genau deshalb den Wohnschutz zuerst auf Verfassungs- und dann auf Gesetzebene verankert hat.
Oder finden – wie bereits vor dem Wohnschutz – immer noch zu wenige energetische Sanierungen statt? Dann müssen die Eigentümer dringend darüber aufgeklärt werden, dass sich in Basel-Stadt nur noch Investitionen in sanfte und energetische Sanierungen lohnen. Dabei sollten auch die Förderbeiträge optimiert werden. Energieeffizienz zum Klimaschutz ist schliesslich nicht nur ein Ziel für Vermieter und Mieter, sondern für die ganze Gesellschaft. Mit dem Ja zu Netto Null bis 2037 hat die Stimmbevölkerung die Bereitschaft zu solchen Investitionen signalisiert und dafür eigentlich auch den Auftrag gegeben.